In München gibt es heute noch viele Unternehmen, die früher einmal königlich bayerische Hoflieferanten waren. Wir haben uns einmal durch die Altstadt geshoppt – von Porzellan bis Parfüm.
Viele der ehemaligen königlich-bayerischen Hoflieferanten finden sich noch heute in München. Was auffällt: Die meisten Adressen sind in Bestlage in der Altstadt und jede der Traditionsmarken steht auch Jahrhunderte später noch für Qualität und Luxus. Ja, und mit etwas Glück begegnet man hier auch mal einem König.
Schon in der dreizehnten Familiengeneration führen Brigitte Meier und ihr Bruder Peter das Unternehmen Ed.Meier in München. Obwohl die Geschichte des Betriebs bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, beginnt für das Schuhhaus Eduard Meier die wichtige Zeit mit der Verleihung des Hoflieferanten-Titels im Jahr 1895. Der gesamte bayerische Hof trug die Schuhe von Schumachermeister Eduard Meier, bis zuletzt Kaiserin Hermine. „Für uns ist der Titel heute noch Ansporn an unsere Qualität“, erzählt Brigitte Meier stolz. „Wir recherchieren viel und sind stets auf der Suche nach den besten Materialien. Vor allem die Langlebigkeit der Produkte ist uns wichtig!“
Von der eigens erfundenen Schuhleiste bis zu Europas erstem Röntgengerät für Füße, vom leichten Reiseschuh zum Fliegen bis zum Businessschuh mit Sportsohlen-Dämpfung – das Unternehmen bringt immer wieder Innovationen hervor. Seitdem die Geschwister das Geschäft in den 80er-Jahren übernommen haben, finden sich außerdem Kleidung und Accessoires im Sortiment. Die Jacken und Mäntel, vorwiegend aus Tweed oder Loden, werden dabei ebenso in Europa produziert wie die Schuhe. Ed.Meier arbeitet mit Dutzenden Werkstätten zusammen – manche kennen den Großvater noch, manche produzieren bis heute exklusiv für das Münchner Unternehmen.
„Für uns ist der Hoflieferanten-Titel heute noch Ansporn an unsere Qualität!“
Das zweistöckige Geschäft in der Brienner Straße ist wie eine alte Stadtwohnung aufgebaut, im Bibliothekszimmer kann man die hochwertigen Lederschuhe für Herren anprobieren. Zuerst einmal werden den Kunden dafür die Füße ausgemessen, wir lernen: Es ist ganz normal, dass einer der Füße länger und schmaler ist als der andere. Als wir schließlich die perfekt sitzenden Businessschuhe gefunden haben, wollen wir sie gar nicht mehr ausziehen, so bequem sind sie. Hinzu kommen feine Wollmäntel und ein Spazierstock – nun fühlen wir uns tatsächlich ein wenig herrschaftlich.
Brigitte Meier hat einen guten Tipp für den Schuhkauf: „Entgegen dem Glauben vieler sind weite Schuhe auf Dauer alles andere als bequem, denn der Fuß braucht Halt. Deshalb raten wir zu einem festen und tendenziell längeren Schuh, der erst nach dem Eintragen gewinnt.“ Dass die Geschwister sich voll und ganz dem Schuh verschrieben haben, merkt man auch, wenn Brigitte Meier von der antiken Schuhsammlung ihres Großvaters erzählt. Sie umfasst über 400 Schuhe, teilweise aus dem Mittelalter – und hat als eines der wenigen Überbleibsel neben der Hoflieferanten-Urkunde den Krieg überlebt.
Ed.Meier, Brienner Str. 10
Um 1700 wurde erstmalig ein Geschäft in der Dienerstraße erwähnt, das der Kaufmann Alois Dallmayr im Jahr 1870 übernahm und sich auf Kolonialwaren und Spezialitäten fokussierte. Keine 30 Jahre später kaufte die Familie Randlkofer den Laden, den Namen änderten sie nicht, denn Dallmayr hatte sich mittlerweile schon in der Stadt etabliert. Als Anton Randlkofer nur zwei Jahre später verstarb, übernahm seine Frau Therese sein Geschäft mit einigen innovativen Ideen: So lieferte zum Beispiel die „Stadtküche“ großbürgerlichen Familien damals schon ihr Essen nach Hause – noch heute macht Dallmayr Catering für Events.
„Das Siegel des Hoflieferanten verwenden wir auf ausgewählten Produkten, wie den Pralinenpackungen oder unserem Hoflieferantenlaib.“
Unter Thereses Führung zählte Dallmayr bald zu einem der besten Delikatessenhäusern in Europa und erhielt um 1900 den Hoflieferanten-Titel. Insgesamt kamen 15 Titel zusammen, neben dem deutschen Kaiserhof belieferte das Unternehmen auch 14 andere Fürsten- und Königshäuser. Seit den 30er-Jahren hat Dallmayr eine Spezialwarenabteilung für Kaffee, damals genauso exotisch wie die ersten Bananen, die im Delikatessenhaus angeboten wurden. Dallmayr stand für Gewürze aus aller Welt, für den Traum vom Fremden, für Luxusprodukte und Exotisches – und daran hat sich bis heute nichts verändert.
„Gerade haben wir einen ganz besonderen Speck aus Südtirol da, den wir aus dem privaten Restbestand von einem Bauern abgekauft haben“, erzählt uns Pressesprecherin Sunny Randlkofer. „Eine weitere Besonderheit: Neben unserem Stammhaus in der Altstadt, das nach dem Krieg komplett neu aufgebaut werden musste, haben wir auch eine Pralinenmanufaktur und eine eigene Rösterei in Giesing“. Randlkofer führt uns durch das Gebäude: Im zweiten Stock befindet sich auf der Gesamtfläche von fast 1000 Quadratmetern eine Großküche, in der ausschließlich für Caterings und die Deli-Theke im Erdgeschoss alles frisch zubereitet wird.
In den Büros und Besprechungsräumen darüber finden sich noch einige Beweisstücke von früher: Hoflieferanten-Urkunden, königliche Rechnungen und Schwarz-Weiß-Aufnahmen vom Stammhaus. „Das Siegel des Hoflieferanten verwenden wir auf ausgewählten Produkten, wie den Pralinenpackungen oder unserem Hoflieferantenlaib – einem Käse, den wir mit einem unserer Produzenten exklusiv entwickelt haben“, erklärt uns Sunny Randlkofer. Ja, und manchmal, wenn man Glück hat, kann man hier heute noch einen König im Laden treffen.
Dallmayr, Dienerstraße 14-15
Die Parfümerie Brückner gibt es seit 1893, zum königlichen Hoflieferanten wurde sie 1905 von dem Nachfolger König Ludwig II. ernannt. Über hundert Jahre später hat die unabhängige Münchner Parfümerie nicht nur trotz all der Ketten und dem Onlinehandel überlebt, sondern erfreut sich auch heute noch ganz besondere Kundschaft. Vieles davon verdankt man Margarete Bublitz, die die Parfümerie in den 50er-Jahren übernahm und auf Marken setzte, die man sonst nirgendwo bekam. So spazierte damals schon Estée Lauder durch die Filiale am Münchner Rathaus.
„Als ich den Laden vor 35 Jahren übernommen habe, kamen die ersten Parfümerie-Ketten auf. Ich stand vor der Entscheidung: Entweder wir senken die Preise oder setzen nur noch auf Nischenprodukte. Ich habe mich für den radikalen Weg entschieden und es war der Richtige – denn genau das ist heute unser Markenzeichen: Wir haben nur wenige Marken, die man aus der Werbung kennt“, erzählt uns Enkelin Tanja Bublitz, die die Parfümerie heute mit ihren drei Filialen leitet.
„Es kann kein Zufall sein, dass fast alle ehemalig königlichen Hoflieferanten immer noch so erfolgreich sind!“
Die Parfümerie Brückner hat Kunden aus aller Welt, letztens erst wurde ein Päckchen nach Bermuda verschickt. Gäste kommen gerne vorbei, um sich ein Mitbringsel zu kaufen – wie das König-Ludwig-Parfum, das mit seinen Zitrusnoten und dem Lavendel der damaligen frischen Duftnote entsprach. Ebenso beliebt sind die Düfte der Eigenmarke, die noch per Hand abgefüllt und beklebt werden. Aber auch Einheimische kaufen seit Generationen hier ein und schätzen den tollen Service.
Tanja Bublitz ist stolz auf ihr erfahrenes Personal, das sämtliche Düfte auswendig kennen muss – auch die aus der Werbung. Eine Ernährungsberaterin und Visagisten gehören zum Team vor Ort, außerdem arbeitet in der Brückner-Filiale am Alten Peter eine Duftdolmetscherin, die mithilfe einer sogenannten „Durftorgel“, einer Box aus verschiedenen Essenzen, das perfekt passende Parfum für den Kunden findet. Tanja Bublitz ist sich sicher: „Es kann kein Zufall sein, dass fast alle ehemalig königlichen Hoflieferanten immer noch so erfolgreich sind!“
Parfümerie Brückner, Marienplatz 8
Roeckl fertigte die Lederhandschuhe für Kaiserin Sissi und König Ludwig II – unter ihm wurde die Münchner Manufaktur schließlich auch zum königlichen Hoflieferanten ernannt. Damals zeigten Handschuhe noch den Stand in der Gesellschaft und schützten gleichzeitig als Hygienemaßnahme vor Krankheiten. Letzteres könnte Roeckl in diesem Jahr in die Karten spielen, denn Covid-19 bringt Handschuhe wieder in Mode. Aber auch unter Oldtimer-Fahrern erfreuen sich die feinen Lederhandschuhe immer größerer Beliebtheit.
„Wenn man über 180 Jahre durch all diese Krisen kommt, dann beweist das, dass man höchste Qualität liefert!“
An der Herstellungstechnik hat sich in den 180 Jahren Firmengeschichte von Roeckl nicht viel verändert: Die Handschuhe entstehen im sogenannten Tafelschnitt, bei dem sich das Modell aus 24 Teilen zusammensetzt. „An einem Paar Peccary Handschuhe näht eine Näherin einen ganzen Tag – diese traditionelle Handarbeit kann keine Maschine ersetzen“, erklärt uns Dana Schramm, Marketingleitung von Roeckl. Das Leder wird gezogen, damit es möglichst dehnbar und dünn ist. Dabei bildet Roeckl noch selber aus, denn der Beruf des Handschuhmachers ist selten geworden.
Mittlerweile führt Annette Roeckl das Unternehmen in sechster Familiengeneration mit vier Läden in der Münchner Innenstadt. Die Prototypen entstehen noch heute in der Werkstatt am Roecklplatz, produziert wird dann in Rumänien in der eigenen Fabrik. Heute setzt Roeckl aber nicht mehr nur auf Handschuhe, mit den Jahren kam auch Taschen und Tücher hinzu. Die Seidentücher entstehen in einem aufwendigen Siebdruckverfahren in Italien, die Designs sind handgezeichnet.
„Wenn man über 180 Jahre durch all diese Krisen kommt, dann beweist das, dass man höchste Qualität liefert“, ist sich Dana Schramm sicher. „Unsere Handschuhe halten oft mehrere Generationen – die Leute bringen uns teilweise das Paar ihrer Großmutter vorbei.“ Auf Qualität legt Roeckl heute noch großen Wert: So wird in der Produktion das luxuriöse Leder des südamerikanischen Wasserschweins oder das Nappaleder des äthiopisches Haarschaafs verwendet. Und auch der Service kann sich sehen lassen, denn unsere Handschuhgrößen erkennen die Verkäufer auf einen Blick: sechseinhalb und zwölf.
Roeckl, Maffeistraße 1
Die Porzellan Manufaktur Nymphenburg hat auch heute noch etwas sehr Königliches. Nicht nur, weil das Unternehmen Prinz Luitpold von Bayern gehört, sondern auch, weil seit 1760 ausschließlich in der Manufaktur am Schloss Nymphenburg produziert wird. Die Werkstätten liegen direkt am schönen Schlosspark und gewinnen ihre Energie aus dem Schlosskanal. Die Porzellan Manufaktur bildet eigene Lehrlinge aus, jedes Stück entsteht in sorgfältiger Handarbeit. So arbeiten Porzellanmaler gut eine Woche an einem einzelnen Teller. Da wundert es nicht, dass die Porzellanmalerei von Nymphenburg seit 2016 zum immateriellen Weltkulturerbe gehört.
Die Manufaktur in Nymphenburg ist weltweit auch das einzige Geschäft, die Kundschaft ist allerdings international: „Wir haben Stammkunden aus München und Umgebung, aber auch Sammler aus Australien und den USA. Einmal kam eine arabische Prinzessin in den Laden, die sich in ein Service verliebt hatte. Jede Bestellung wird eigens für den Kunden angefertigt, deshalb sind Sonderwünsche stets willkommen“, erzählt uns Storemanagerin Rachel Ünek. Manche Arbeiten entstehen zusammen mit bekannten Künstlern. In so einem Fall wird das noch weiße Porzellan in die Heimatstadt des Künstlers geschickt, der die Teller und Tassen handbemalt – jedes Stück ist dann ein Künstleroriginal.
Früher noch haben die einfachen Leute von Holz- oder Zinntellern gegessen, während sich nur der Adel Porzellan leisten konnte. Zu den ältesten Stücken, die die Porzellan Manufaktur Nymphenburg heute noch verkauft, gehört eine Reihe von italienischen „Commedia dell'arte"-Schauspielern aus dem 18. Jahrhundert. Auch das Porzellan mit üppigen Blumenverzierungen gibt es schon seit den Anfängen. Denn während frische Blumen auf dem Tisch damals noch als verpönt galten – sie rochen und gingen schnell kaputt – waren sie auf Porzellan beliebt, denn dort lebten sie ewig.
„Das Verfahren hat sich zwar weiterentwickelt, das ursprüngliche Handwerk der Porzellanherstellung wird dagegen noch genauso ausgeübt wie vor 273 Jahren.“
„Das Verfahren hat sich zwar weiterentwickelt – so können die Teller und Tassen heute guten Gewissens in den Geschirrspüler – das ursprüngliche Handwerk der Porzellanherstellung wird dagegen noch genauso ausgeübt wie vor 273 Jahren“, erklärt Rachel Ünek. Wir erfahren: Das beliebteste Mitbringsel ist der bayerische Löwe, von dieser Figur verkauft die Manufaktur täglich Exemplare. Andere Figuren sind dagegen sehr rar, wie die limitierte Kate-Moss-Darstellung als Engel, von der es weltweit nur 25 Stück gibt.
Porzellan Manufaktur Nymphenburg, Nördliches Schloßrondell 8
Wer über den Max-Joseph-Platz spaziert, kann es nicht übersehen: das Zechbauer-Haus. Seit 1911 verkauft die Familie Zechbauer hier ihre Zigarren, die Geschichte des Unternehmens reicht allerdings noch weiter zurück: die Familie kam 1795 aus Tirol und eröffnete ihren ersten Krämerladen in der Au, danach folgte ein Geschäft für Kolonialwaren in den Hofgarten-Arkaden. Seit 1830 wird nun mit Tabakwaren gehandelt, damit ist Zechbauer das älteste Tabakgeschäft Münchens. Als einer der ersten deutschen Importeure für kubanische Zigarren wurde das Unternehmen 1886 zum bayerischen Hoflieferanten ernannt, insgesamt 14 Titel kamen zusammen!
„Die Zigarre kam in Europa um 1800 auf, davor hat man Pfeife geraucht“, erklärt uns Mitarbeiter Steffen Nossack. „Beim Adel waren aber auch Schnupf- und Kautabak sehr beliebt. Ende des 19. Jahrhunderts folgte dann die Zigarette für das einfache Volk.“ Heute verkauft Zechbauer sämtliche Tabakwaren – von Zigarillos und Zigaretten bis Zigarren und Pfeifen. Die handgerollten Zigarren lagern in einem der ersten begehbaren Klimaräume Deutschlands. Besonders stolz ist man auf die Zigarren der Eigenmarke. Der Prozess bis zum perfekten Produkt kann schon einmal zehn Jahre in Anspruch nehmen.
Wir gehen in den alten Havanna-Keller im Zechbauer-Haus, in dem früher noch die Zigarren gelagert wurden. Heute kann man sich hier eine passende Zigarrenkiste kaufen und bei den Pfeifen stöbern. Steffen Nossack gibt uns einen kleinen Einblick: „Kubanische Zigarren sind eher gehaltvoll und kräftig, dominikanische schmecken lieblich und cremig und Zigarren aus Nicaragua haben pfeffrige Noten und damit mehr Würze im Geschmack.“ Wir lernen außerdem: Das äußere Blatt ist immer ein anderes als der Tabak in der Zigarre – es soll vor allem schön aussehen und den Geschmack abrunden.
„Beim Adel waren Zigarren sehr beliebt, aber auch Schnupf- und Kautabak.“
Auch die Dicke und Form entscheiden darüber, wie eine Zigarre schmeckt und davon wollen wir uns nun überzeugen. Von dem schönen Zechbauer-Geschäft, in dem noch die Original Vorkriegs-Kacheln hängen, geht es die Maximilianstraße entlang in das Hotel Vier Jahreszeiten. Hier hat Zechbauer eine Zigarren-Lounge mit angrenzendem Shop. Wir suchen uns eine Zigarre aus, bestellen uns ein Glas Rotwein und setzen uns in die schweren cognacfarbenen Ledersessel. So könnte gerne jeder Tag enden.
Zechbauer Zigarren, Residenzstraße 10